Ich glaube, dass wir beide, lieber Freund, also die Generation des 20. Jahrhunderts, jede Menge Probleme geschaffen haben. Jetzt muss die Generation des 21. Jahrhunderts diese Probleme lösen. Auf friedliche Weise, im Dialog. Die junge Generation ist also sehr wichtig. Die Vergangenheit ist vergangen. Das 21. Jahrhundert ist erst 15 Jahre alt, die restlichen 85 Jahre liegen noch vor uns. Es gibt viele Möglichkeiten, die Welt zu verbessern, ein Umdenken zu bewirken: auf Familienebene, Gemeindeebene, nationaler Ebene sowie internationaler, globaler Ebene. Ich denke, dass wir dies hauptsächlich durch Bildung erreichen können. Gewalt ist eine Methode von gestern. […] Lehrer und Eltern spielen hier eine wichtige Rolle.“
Der Dalai Lama im Gespräch mit Franz Alt [1]
Der Dalai Lama, der zur „Generation des 20. Jahrhunderts gehört, die sich langsam von der Erde verabschiedet“ [2], wendet sich nicht ohne Grund in Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern an die „Generation des 21. Jahrhunderts“. Er setzt große Hoffnungen in sie und zeigt sich optimistisch, „dass das 21. Jahrhundert“ ein friedliches und harmonisches Jahrhundert wird.“ [3]
Mein Name ist Utz Klöppelt. Ich unterrichte seit ca. 16 Jahren das Fach Geschichte, inzwischen für die „Generation 21“, für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die fast ausnahmslos im 21. Jahrhundert geboren sind und in einer anderen Welt aufwachsen, als derjenigen, in der ich in den 1970er und 1980er Jahren aufgewachsen bin.
Die Herausforderungen, denen wir uns – und dies auch als Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer – zusammen mit der „Generation 21“ stellen müssen, sieht der Dalai Lama vor allem im Bevölkerungswachstum, in der Gefahr einer Verknappung der natürlichen Ressourcen, den von uns verursachten Belastungen für das ökologische Gleichgewicht, der sich öffnenden Schere zwischen Arm und Reich, dem Mangel an Freiheit in vielen Ländern und kriegerischen Konflikten. [4]
Er steht mit seiner Diagnose der gegenwärtigen Probleme und Herausforderungen nicht alleine da: Am 18. September 2015, haben die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen in Paris die „Agenda 2030“ für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. Die Agenda drückt die Überzeugung aus, dass sich die gegenwärtigen Probleme und Herausforderungen nur gemeinsam lösen lassen.
Hinzu gekommen sind noch Herausforderungen für demokratische Systeme durch einen durch digitale und soziale Medien veränderten öffentlichen Diskurs, populistische, verschwörungstheoretische und extremistische Bewegungen.
Wohin gehen wir?
Wer weiß das schon? Die Zukunft erscheint uns nebulös zu sein. Aber wir können wissen, was unsere Ziele sind und wohin wir gehen wollen! Ohne bewusste Ziele lässt sich kaum sinnvoll handeln. Daher haben sich alle Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen auf bis zum Jahre 2030 zu erreichende Ziele geeinigt.
Sie sollen den Weg für langfristige Entwicklungen bereiten, die folgende Kernbereiche betreffen: den Menschen, den Planeten, Wohlstand, Frieden und Partnerschaft, auf Englisch die „5 Ps“: „people, planet, prosperity, peace, partnership“ [5]. Von diesen Bereichen sind 17 miteinander verwobene Ziele für nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Soziales, Umwelt und Wirtschaft abgeleitet.
Wenn wir das Jahr 2030 erreicht haben, treten die ersten Vertreterinnen und Vertreter der „Generation 21“ spätestens in ihr Berufsleben ein und übernehmen in zunehmendem Maße Verantwortung für sich, für Umwelt und Gesellschaft und die zukünftigen Generationen. Bis dahin und darüber hinaus gilt es, Grundlagen zu schaffen, dass es dieser Generation leichter fällt, diese Verantwortung mit hoher Motivation, mit Eifer und auch Freude am guten Tun zu übernehmen und ihr gerecht zu werden. Im Bereich der Bildung ist dafür u.a. bereits die Initiative Global Goals Curriculum 2030 (GGC 2030) ins Leben gerufen worden. [6]
Die Liste der Herausforderungen, denen sich gegenwärtige und zukünftige Generationen stellen sollten, ist lang. Neu ist sie nicht. Seit langem gelten sie als Leitprobleme für Unterricht, auch Geschichtsunterricht, der es nicht nur, aber auch mit den ganz einfachen und großen Fragen zu tun hat: mit der Frage nach Gerechtigkeit, Frieden und Altruismus bzw. Nächstenliebe, die in allen großen Religionen auftaucht, und mit der Frage nach einer bewohnbaren Welt für alle.
Geschichtsunterricht und -didaktik für die „Generation 21“
Der Versuch ist es also wert, dass Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer ihren Teil dazu beitragen, dass die Generation des 21. Jahrhunderts, die uns und unserem pädagogischen und didaktischen Handeln anvertraut ist, die Herausforderungen annehmen und sich ihnen stellen kann. Flankierend zu der wichtigen und immer noch andauernden Diskussion um Kompetenzen in Unterricht und Geschichtsunterricht muss es auch und immer wieder um die Kernfragen unseres Faches gehen, u. a. vor allem:
- Wen unterrichte ich?
- Wozu unterrichte ich Geschichte?
- Welche Inhalte sind relevant für meine Zielsetzungen?
- Wie unterrichte ich?
Dieser Blog – ein privates Projekt – vermag darauf keine endgültigen Antworten zu geben, vielmehr greift er Praxis und Theorie des Geschichtsunterrichts auf und versucht, sich obig genannten Fragen und Problemen neu zu nähern. Keine wissenschaftlichen Aufsätze, aber auch keine subjektiv gefärbten Befindlichkeiten, keine fertige Unterrichtsplanung, wohl aber Essays bzw. Blogbeiträge, hoffentlich Anregungen und Diskussionen dazu.
Aufgegriffen werden dabei sowohl geschichtsdidaktische Positionen, Unterrichtsideen, aktuelle Diskussionen, Lektüretipps und schulische und außerschulische Geschichtskultur. Dabei sind wir stets den Werten des Grundgesetzes verpflichtet, wollen sie fördern und immer wieder zum Leben erwecken!
Einige Blogbeiträge und Interviews sind den Themen „Geschichtsunterricht neu denken“ und „Geschichte digital“ gewidmet und verlassen bewusst ausgetretene Pfade, um einen neuen Blick auf die gegenwärtige und vielleicht zukünftige Praxis von Geschichtsunterricht zu werfen. Denn manchmal muss man Ritualisiertes und Gewohnheiten – z. B. Inhalte oder Unterrichtsformen – in den Schuppen stellen, um es bzw. sie dann, ggf. unter neuem Blickwinkel, wieder herauszuholen oder einfach dort stehen zu lassen, sollte es sich nicht mehr als sinnvoll erweisen.
Kurzum, der Blog „Geschichte 21“ richtet sich vor allem an all diejenigen, die sich angesprochen fühlen, über Geschichte in der Schule und auch außerhalb der Schule (neu) nachzudenken, und ggf. praktische Anregungen bekommen wollen.
Ich wünsche den Leserinnen und Lesern gute Anregungen, uns allen gewinnbringende Diskussionen!
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Zum Weiterlesen
Das Global Goals Curriculum 2030
Fußnoten
[1] Dalai Lama mit Franz Alt. Der Appell des Dalai Lama an die Welt. Mit Franz Alt. Ethik ist wichtiger als Religion, Wals (bei Salzburg): Benevento Publishing; 2015, zitiert aus der E-Book-Konvertierung, Kapitel „Ethik ist wichtiger als Religion“
[2] Claudia Rinke. Kinder sprechen mit dem Dalai Lama. Wie wir eine bessere Welt erschaffen, mit einem Nachwort von Felix Finkbeiner, illustriert von Jens Bonnke, München: C.H.Beck; 2016 / Kindle E-Book (2016): zitiert aus dem E-Book, unpaginiert
[3] Ebd.
[4| Vgl. ebd.
[5] United Nations. Transforming our world: the 2030 Agenda for Sustainable Development, September 2015, S. 3-4, URL: https://sdgs.un.org/2030agenda (Zuletzt besucht: 22.2.2022)
[6] Global Goals Curriculum e.V. Global Goals Curriculum 2030, URL: https://www.ggc2030.org (Zuletzt besucht: 22.2.2022)
Bildnachweise
Titelbild: © Utz Klöppelt. „Utz Klöppelt“, 2016